Es dauert nicht mehr lange, bis die Schweizerischen Bürgerinnen und Bürger abermals an die Urnen gerufen werden, um im Zuge eines Volksreferendums über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens abzustimmen. Befürworter und Kritiker liefern sich im Vorfeld eine heiße Debatte, um deren Standpunkte gemäß Pros und Contras klar und deutlich zu machen.
In der Schweiz intensivieren sich die Diskussionen über die potenzielle Auszahlung eines Grundgehalts in Höhe von 2.475 Franken pro Monat. Am 5. Juni werden die Schweizer in einem Volksreferendum darüber abstimmen, ob die Regierung jedem(r) Schweizer/in in der Zukunft ein bedingungsloses Basiseinkommen zukommen lassen wird.
Mit der Auszahlung eines solch bedingungslosen Basiseinkommens wäre gleichzeitig auch die Abschaffung von vielerlei Bezügen seitens des Wohlfahrtssystems verbunden. Kindern und Jugendlichen soll laut der Initiatoren ein Basiseinkommen in Höhe von einem Viertel der Summe zukommen, die Erwachsenen pro Monat zuteil werden könnte.
Der Bezug eines Basiseinkommens ohne Verpflichtung zur Aufnahme irgendeiner Tätigkeit hört sich auf den ersten Blick selbstverständlich toll an. Doch bei Licht betrachtet würde der Empfang einer monatlichen Zahlung von 2.475 Franken die wenigsten Schweizer/innen über die Schwelle hieven, die Experten als Armutsgrenze definieren.
Diese Armutsgrenze liegt in der Schweiz zurzeit bei 60% des nationalen und frei verfügbaren Einkommens. Immerhin gilt die Schweiz als eines der teuersten Länder rund um den Globus. Experten weisen darauf hin, dass der Traum der Initiatoren wahrscheinlich platzen wird. Denn eine mehrfache Abhaltung von Referenden im Jahr zeichne das Schweizerische System aus.
Hierin spiegele sich das System einer direkten Demokratie. Folglich kommt es in jedem Jahr zur Abhaltung von mehreren Volksbefragungen zu den unterschiedlichsten Themen. Das nun abzuhaltende Referendum über ein bedingungsloses Grundeinkommen findet am 5. Juni statt, nachdem die Initiatoren der Kampagne zuvor über 100.000 Unterschriften sammeln konnten.
Aktuelle Umfragen indizieren, dass dem Ansinnen unter einer Mehrheit der Eidgenossen wohl keine Mehrheit beschieden sein dürfte. Die Idee, jedem Bürger ein bedingungsloses Grundeinkommen zukommen zu lassen, ist in den letzten Jahren auch in anderen Staaten wie den Niederlanden, Kanada oder Finnland auf fruchtbaren Boden gefallen.
Knapp 30.000 Franken im Jahr - nur knapp oberhalb der Armutsgrenze
Im letzten Jahr berichtete ich darüber, dass Finnland Erststudien zu diesem Thema in Auftrag gegeben hatte. Laut den Schweizerischen Kampagneninitiatoren reiche ein monatliches und bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 2.475 Franken dazu aus, um ein würdiges Dasein als Mensch zu fristen.
Auf Jahresbasis würden sich auf diese Weise etwas weniger als 30.000 Franken summieren. Kampagnenkritiker weisen jedoch darauf hin, dass der genannte Betrag nur knapp oberhalb der Armutsgrenze liege. Diese Armutsgrenze wurde mit Blick auf die Schweiz im Jahr 2014 bei einem Jahreseinkommen von 29.501 Franken veranschlagt.
Jeder achte Eidgenosse unterhalb der Armutsgrenze
Im Jahr 2014 fand sich jeweils eine(r) von acht Schweizern(innen) unterhalb dieser Schwelle wieder. Dies geht aus Zahlen des Nationalen Statistikbüros hervor. Damit liegt die Anzahl der Bürger, die es in der Schweiz nicht schaffen, die Armutsgrenze zu überschreiten, höher als in Norwegen, Frankreich oder Dänemark.
Unter der Altersgruppe der über 65-jährigen zählt bereits jeder Fünfte als arm. Es sei keineswegs so als ob es in der Schweiz keine Armut gäbe, wie Experten erklären. Nicht selten sei es der Fall, dass Menschen arbeiteten, jedoch nicht genug verdienten, um sich das teure Leben in der Schweiz leisten zu können.
Unter den Befürwortern der Schweizer Kampagne befindet sich unter anderem auch der ehemalige griechische Finanzminister Janis Varoufakis, der sich überzeugt zeigt, dass die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens im Angesicht einer immer schneller zunehmenden Jobrationierung durch Automatisierung und den Einsatz von Robotern in der Industrie unabdingbar sei.
Schweizer Regierung: Distanz zum Referendum
Die Schweizerische Regierung nimmt hingegen eine ablehnende Haltung mit Blick auf das demnächst anstehende Referendum ein. Begründet wird die eigene Sichtweise aufgrund potenziell steigender Steuern, sich minimierenden Anreizen bezüglich der Aufnahme einer Beschäftigung sowie voraussichtlichen Wissensengpässen.
Sonderbar, über eine wahrscheinlich deutlich zulegende Inflation spricht indes kaum jemand. Kampagnenkritiker führen ergänzend ins Feld, dass die Schweizerische Wirtschaft bereits durch die Außenwertstärke des Franken ausgebremst werde. Eine Reihe von Unternehmen hatte in jüngster Vergangenheit davor gewarnt, die eigene Produktion in weniger teure und kostenintensive Standorte in der Welt zu verlagern.
Laut des Schweizerischen Innenministers Berset sei dessen Regierung zu der Überzeugung gelangt, dass die Initiative zur Durchsetzung eines bedingungslosen Grundeinkommens die heimische Wirtschaft zusätzlich schwächen würde. Die Gegenkampagne der Regierung hat Wirkung unter den Schweizern gezeigt. Laut aktuellen Umfragen lehnen 60% der Befragten die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ab.
Kommentare
Sie könnten ja neben dem bedingungslosen Grundeinkommen in Teilzeit oder Vollzeit weiterarbeiten.
Aber diese Gedanken haben sich die Befürworter und Ablehner sicher schon gemacht :)
Ein analoges Beispiel aus der Technik: Wie wir von den den Autobauern wissen, benötigt der Elektromotor im Fahrzeug viel weniger Bauteile als der Verbrenner: zum Beispiel kein Getriebe mehr, keine Kupplung und keine aufwendige Motorsteuerung. Er hat viel weniger bewegliche Teile und sein Wirkungsgrad liegt bei über 90 Prozent.
Zurück zum Thema: ich finde die Diskussion hierüber sehr wichtig. Vielen Dank darum an den emsigen Roman Baudzus für den Beitrag!
Das Anliegen ist für das Geldsystem viel zu gefährlich.
Die Initiative geht einher mit der Vollgeldinitative.
Beides zusammen würde funktionieren.
Aber ohne Vollgeld würde das Grundeinkommen - selbst - in der Schweiz scheitern.
Die Gefahr ist leider, dass man nach einer Annahme auf das Scheitern des Programms in der Schweiz hinweisen kann.
Natürlich wäre es für die Menschen kein Scheitern, aber für die Wirtschaft schon.
Solange dieses Vorrang gegenüber Menschen hat (Stichwort Exportweltmeister mit annehmenden Wohlstand der Bevölkerung), wird man es als Scheitern propagieren können.
Mit Vollgeld hingegen hat der Staat plötzlich völlig andere Möglichkeiten und die Wirtschaft könnte endlich sinnvoll umgestellt werden.
Von daher muss man beide Initiativen zwangsläufig zusammen betrachten.
Die Gefahr für das System ist viel zu gross.
Für das Grundeinkommen muss die Elite noch nicht mal viel dagegen unternehmen. Die Bevölkerung ist schon genug brainwashed und wird es mit 60-65% ablehnen.
Das Vollgeld erhält jetzt schon die volle Propagandakraft entgegengestellt.
Wenn es so kommt, dann wird das Thema BGE verbrannt sein für alle Ewigkeit.
Planwirtschaft ist im Prinzip dasselbe Beispiel. Nur das herstellen was wir benötigen? Blödsinn, hat nicht funktioniert, kann nicht funktionieren, zu wenig Inflation, keine Bananen mehr usw. Niemand verschwendet heute noch einen Gedanken an dieses Modell.
Man sollte zuallererst die Fehler im Geldsystem beheben und dieses auf ein stabiles und nachhaltiges Fundament stellen. Ist das geschehen, könnte auch ein BGE funktionieren. Wobei... "Bedingungslos" gefällt mir persönlich auch nicht wirklich.
Ich würde ein BGE so aufbauen, dass dieses nur solange "bedingungslos" gezahlt wird, solange er/sie keine Straftaten begeht.
Warum nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Oder ist die Verbrechensrate bereits da wo wir sie haben wollen?
Gedankenspiele... man könnte so viel mit dem BGE erreichen, scheitert jedoch schon am Start.
Alles Gute
Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird nur in Verbindung mit Reform
des Bodenrechts funktionieren, wie es die Wissensmanufaktur erklärt.
http://www.wissensmanufaktur.net
Das Wort „bedingungslos“ ist das eigentliche Problem. Ein Student der studiert und seine Leistungsnachweise jedes Jahr vorweist, eine Mutter oder ein Vater der sein Kleinkind betreut, ein Jugendlicher, der nach der Schule ein soziales Jahr absolviert, oder ein Rentner, der noch leistungsfähig ist und ebenfalls eine Art soziale ehrenamtliche Tätigkeit nachgeht, die der Gesellschaft dient. Dafür findet man sicherlich Befürworter und es wäre ja auch sinnvoll, aber eben nicht bedingungslos.
Aber eine Diskussion, dass unsere Sozialsysteme fast ausschliesslich über den Faktor Beschäftigung finanziert werden und man Alternativen finden muss, wird in Gang kommen. Um neue innovative Lösungen für die Zukunft zu finden muss man den festgefahrenen Pfad verlassen und auch einmal utopische Ideen entwickeln.
Menschen in Hartz IV abzuschieben bedeutet Ihnen die Kreativität einer Tätigkeit zu nehmen. Wer keinen Job und kein Einkommen hat und aus Eigeninitiative auch nichts mehr findet, für den kann man doch Tätigkeiten im sozialen gemeinschaftlichen Rahmen finden. Arbeit dort gibt es genug und für jeden sicherlich auch etwas Passendes. Hier mit einem Grundeinkommen Anreize zu schaffen würden der Gesellschaft und diesen Menschen helfen.
Das Schöne an der Schweiz, einzelne Bürger die sich mit dem Thema beschäftigt haben, bringen es nun in den Mittelpunkt der Diskussion. In Deutschland würde es nicht einmal bis zur Fraktionssitzung einer Partei gelangen, die das Wort sozial oder christlich in Ihren Lettern trägt.
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